Schlagwort-Archive: Antifaschismus

Nur die Spitze des Eisberges? – Verbindung zwischen sächsischer AfD und rechter Szene offenkundig

Dass die AfD nicht nur ein Sammelbecken der Frustrierten, sondern auch ein Anziehungspunkt für Rechtsradikale ist, zeigt der Umgang der Dresdner AfD mit dem Neonazi-Skandal in ihren eigenen Reihen deutlich. Vergangene Woche flog auf, dass der Kreisvorstand und Stadtratskandidat Sören Oltersdorf am Europakongress der NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten” teilnahm. Auch gab er zu, 2013 an den sogenannten “Trauermärschen” am 13. Februar in Dresden und am 5. März in Chemnitz teilgenommen zu haben.

Dies werten die Jusos Dresden als Indiz für die enge personelle Verbindung zwischen AfD und der organisierte rechten Szene.

Für Stefan Engel, Vorsitzender des SPD-Jugendverbands, ist der Streichelkurs der AfD gegenüber Oltersdorf daher unerträglich: “Dass die Dresdner AfD einen offenkundigen Nazi weiter unter sich duldet, lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass sich ihre führenden Mitglieder selbst am rechten Rand bewegen. Wer wie der AfD-Kreischef beim längst überflüssigen Rücktritt immer noch von “Verantwortungsbewusstsein” und “Respekt” redet, hat die Tragweite des Handelns offenbar noch nicht begriffen. Einer angeblich demokratischen Partei ist das nicht würdig. Die Entlarvung des jungen AfD-Kreisvorstandes Sören Oltersdorf als offenkundigen Neonazi ist für uns nur die Spitze des Eisberges. Während die bürgerliche Mitte Sachsens aufatmet, dass sich die NPD im Niedergang befindet, wechseln Sachsens Rechtsradikale allem Anschein nach schlicht die Farbe von braun zu blau.“

Die Jusos Dresden sind als Jugendorganisation der SPD mit etwa 400 Mitgliedern der größte politische Jugendverband in der Landeshauptstadt.

Reihe rechter Gewalttaten in Dresden – Stadt und Polizei müssen handeln, um Menschen zu schützen!

Seit Ende letzten Jahres kommt es in Dresden verstärkt zu Gewalttaten mit rechtem Hintergrund, von denen vor allem Menschen betroffen sind, die in Deutschland Asyl suchen. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits im letzten Jahr begonnen hat, als die Zahl rechter Übergriffe in Sachsen um 40% auf 223 stieg. Laut der Opferberatung des RAA Sachsen belegte Dresden dabei mit 33 Delikten den zweiten Platz hinter Leipzig. Allein im Stadtteil Leuben gab es in den letzten Monaten drei Fälle gewaltsamer Angriffe auf Menschen, die zweimal mit zum Teil schweren Verletzungen endeten. Erst letzten Freitag versuchte wieder eine Gruppe von Personen, in eine von Asylsuchenden bewohnte Wohnung einzudringen.

Dazu erklärt Stefan Engel, Vorsitzender der Jusos Dresden: „Zum Glück wurde bei dem Angriff am 21. März niemand verletzt. Auf dieser Tatsache darf man sich aber nicht ausruhen. Rechte Gewalt ist ein ernsthaftes Problem in Dresden und Stadtverwaltung und Polizei täten gut daran, sich diesem Problem zu stellen, um Menschenleben zu schützen. Wir dürfen nicht warten, bis wieder Menschen zu Tode kommen!“

Um die Situation kurzfristig zu verbessern, komme es, so Engel, vor allem auf verstärkte Polizeipräsenz in besonders betroffenen Vierteln an, um Täter schnell zu ermitteln. Dabei müsse verstärkt auf rechtsradikale Hintergründe von Straftaten geachtet werden.

Engel abschließend: „Längerfristig muss die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit Quartiersmanagement, Ortsbeiräten und sozialen Enrichtungen vor Ort Präsenz zeigen. Sie muss Informationsveranstaltungen abhalten und Netzwerke gründen und unterstützen, die sich dem Problem rechter Gewalt in Problemvierteln dauerhaft annehmen. Es muss ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden, in dem sich rechte Gewalttäter schlicht nicht mehr trauen, Menschen anzugreifen.“

Die Jusos Dresden sind als Jugendorganisation der SPD mit etwa 400 Mitgliedern der größte  politische Jugendverband in der Landeshauptstadt.

Hohe Erwartungen an neuen Moderator der AG 13. Februar

Hohe Erwartungen verbindet der Vorsitzende der Dresdner JungsozialistInnen, Stefan Engel mit der Ernennung von Joachim Klose als neuen Moderator der Arbeitsgemeinschaft 13. Februar: „Gerade weil die Arbeit der AG in den letzten Monaten nicht reibungslos lief, sind wir gespannt, wieviel Mut Herr Klose wirklich aufbringt. Bei heißen Eisen wie der Erinnerungskultur in der Stadt Dresden hat sich die Oberbürgermeisterin bisher einer wirklichen Debatte verweigert. Mit einem von Klose propagierten „Wir justieren einfach nach“ darf es da nicht getan sein. Der 13. Februar muss in all seinen Facetten diskutiert werden.“

Kritisch sieht der Juso-Chef auch die Haltung von Oberbürgermeisterin Orosz, nicht persönlich an einem Gespräch mit dem Bündnis Dresden Nazifrei teilzunehmen: „So löblich das Engagement der AG 13. Februar auch ist: Es stünde der Oberbürgermeisterin gut zu Gesicht, wenn sie als Oberhaupt der Stadt ihren Pflichten nachkommt. Das Bündnis Dresden Nazifrei hat in den vergangenen Jahren eine überragende Rolle bei den Protesten rund um den 13. Februar gespielt. Solch ein Gesprächsangebot schlägt man nicht aus.”

Die Jusos Dresden sind als Jugendorganisation der SPD mit etwa 400 Mitgliedern der größte politische Jugendverband in der Landeshauptstadt.

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Wieder Setzen! Nazis blockieren! – Sit down again! – Block Nazis!

Die Dresdner Jusos gehören wieder zu den UnterzeichnerInnen des Aufrufs von Dresden Nazifrei. Ab sofort kann jedeR seine Unterstützung für die antifaschistischen Blockadeaktionen im Februar 2014 erklären. Einfach hier eintragen: http://www.dresden-nazifrei.com/index.php/component/proforms/aufruf/aufruf-unterzeichnen

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Wieder Setzen! Nazis blockieren!

Sit down again! – Block Nazis!

Gegen Opfermythos und Naziaufmarsch.

Sie lassen nicht locker: Seit vielen Jahren versammeln sich Nazis am und um den 13. Februar in Dresden zu einem sogenannten „Trauermarsch“. Am Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg wollen sie die Geschichte verdrehen und verbreiten den Mythos von der „unschuldigen Stadt“. Die von der Stadt betriebene problematische Tradition des „stillen Gedenkens“ bietet zusätzlich Anschlusspunkte, und so konnte sich in Dresden zeitweilig Massenblockaden. Durch die solidarische Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Bündnispartner_innen konnte das gemeinsame Ziel erreicht und die Nazis in Dresden gleich im ersten Anlauf gestoppt werden. Auch in den folgenden Jahren haben tausende Gegendemonstrant_innen Zivilen Ungehorsam geleistet und sich damit gegen Rassismus und Geschichtsrevisionismus positioniert. Mit ihrem Engagement setzten sie ein klares Zeichen: Damit kommt ihr hier nicht durch! Die deutlich ansteigende Beteiligung aus Dresden konnte die abnehmende bundesweite Mobilisierung ausgleichen. Nachdem sich 2012 ca. 1500 Neonazis zum Fackelmarsch versammelten, waren es 2013 noch ca. 800. Eines steht fest: der nationalistische Großaufmarsch ist und bleibt Geschichte!

Das Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ war von Beginn an mehr als ein reines Aktionsbündnis. Zu unserer Erfolgsgeschichte gehört auch der Mahngang „Täterspuren“. Mit ihm ist es uns gelungen, für die NS-Geschichte Dresdens zu sensibilisieren und einen Kontrapunkt zur offiziellen städtischen Erinnerungspolitik zu setzen. Um den Gedenkdiskurs in Dresden auch in Zukunft mit einer kritischen Perspektive zu begleiten, werden wir dieses Projekt fortführen.

Dem großen Engagement tausender Antifaschist_innen steht bis heute staatliche Repression entgegen. Immer noch kriminalisieren sächsische Behörden unseren Protest durch Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Dabei schreckte die Dresdner Staatsanwaltschaft nicht vor Beweismittelunterdrückung zurück und Polizist_innen tätigten Falschaussagen vor Gericht. Dass sie damit selbst bei der berüchtigten sächsischen Justiz nicht durchkommen, verdeutlichen Freisprüche und zahlreiche Verfahrenseinstellungen in den sogenannten “Blockadeprozessen”. Dennoch beharrt der Freistaat auf dieser Strategie der Einschüchterung. Dahinter steht die fatale Extremismusdoktrin, welche antifaschistisches Engagement mit Naziaktivitäten gleichsetzt. Vor dem Hintergrund des institutionellen Versagens bei den NSU-Morden ist dies umso skandalöser. Für uns steht fest: Antifaschismus können wir nicht dem Staat überlassen! Wir stehen weiterhin zusammen für Antifaschismus und gegen jeden Versuch autoritärer Einschüchterung.

Dresden hat immer noch eine hohe Symbolkraft für die Rechte Szene. Weiterhin melden Nazis über das ganze Jahr Aufmärsche und Kundgebungen an. Für uns als Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ steht fest: Wir werden wieder einschreiten, wenn Nazis im Februar erneut versuchen, Geschichte zu verklären und ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten. Die Erfahrung hat gezeigt: Sie zu ignorieren macht sie stärker. Wir waren bisher erfolgreich – wir werden es auch 2014 sein.

Unsere Strategie bleibt dabei das Erfolgskonzept der Blockade. Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.

Wir sind solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern. Dabei bleibt es!

Und es bleibt auch dabei: Ziviler Ungehorsam ist unser Recht, Blockaden sind legitim.

Mach mit! Sei dabei – No pasaran!

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Jusos Dresden erinnern an Elfriede Scholz

Stolperstein Elfriede ScholzDie Dresdner JungsozialistInnen beteiligen sich am Samstag mit einer Mahnwache am Gedenken zum 9. November. Der SPD-Jugendverband wird ab 18 Uhr am Stolperstein von Elfriede Scholz auf der Bergstraße 42 Blumen niederlegen, Kerzen entzünden und sie mit einem Redebeitrag würdigen.

Elfriede Scholz war die Schwester des berühmten Schriftstellers Erich Maria Remarque (u.a. „Im Westen nichts Neues”). Sie teilte die pazifistischen Ansichten ihres Bruders und machte aus ihrer Ablehnung des Nazi-Regimes nie einen Hehl. 1943 wurde sie wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Feindbegünstigung“ vor Gericht gestellt und durch den berüchtigten NS-Juristen Roland Freisler zum Tode verurteilt. Am 16. Dezember 1943 wurde sie schließlich in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Anlässlich des 75. Jahrestages des 9. November 1938 finden in Dresden zahlreiche Mahnwachen an den insgesamt über 90 Stolpersteinen der Stadt statt. Unter der Koordinierung des Vereins „Stolpersteine für Dresden e.V.“ und durch die Unterstützung zahlreicher Patinnen und Paten wurden diese seit 2009 verlegt und erinnern nun dauerhaft an Verfolgte des Nazi-Regimes.

Die Jusos Dresden sind als Jugendorganisation der SPD mit etwa 400 Mitgliedern der größte politische Jugendverband in der Landeshauptstadt.

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Aufwachen – Aufstehen. Dem Naziaufmarsch Entgegentreten. Ein Erlebnisbericht.

Triggerwarnung: Bericht enthält Schilderungen, Beschreibungen und Ausführungen von körperlicher Gewalt

Am Samstag, den 5. Oktober 2013 traf sich frühmorgens um halb 11 eine Gruppe von Jusos und Menschen, die sich uns anschließen wollten, um mit einigen anderen Gruppen den Bus nach Döbeln zu nehmen. Dort wollten wir gegen die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) protestieren, die dort zu einer Demo gegen Repression und Polizeiwillkür aufgerufen hatten, welche anlässlich des Verbots der „Nationalen Sozialisten Döbeln“ durch das sächsische Innenministerium am 18.2. dieses Jahres angemeldet wurde. (Die Mitglieder dieser Gruppe sind in der Zwischenzeit größtenteils zu den JN übergetreten. Diese und andere Entwicklungen lassen auf ein verstärktes Interesse von JN-Führungskadern schließen, die „Jungen Nationaldemokraten“ als Vorfeldorganisation der NPD im rechtsautonomen Kameradschaftsspektrum zu etablieren.)

Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt über die A4 bei schönstem Sonnenschein und den wichtigsten Infos zum Tag kamen wir endlich in Döbeln an. Mit der Busgruppe begaben wir uns zum Startpunkt der Antifaschistischen Demonstration, dem Körnerplatz. Auf dem Weg dorthin kam eine Gruppe Polizisten auf uns und veranlasste bei einigen Menschen eine erste Taschenkontrolle.

Nach einer dreiviertel Stunde Warten ging die antifaschistische Demo rund um den Körnerplatz mit einem Redebeitrag der Demoorganisator_innen los, welche den Hintergrund des Naziaufmarsches klarmachte. Die Demo führte von der Waldheimer Straße über die Bahnhofsstraße nah am Soziokulturellen Zentrum, dem Treibhaus e.V. vorbei. Dort gab es neben dem uns ständig begleitenden Küche-für-alle (Küfa)-Kollektiv Black Wok nochmals belegte Brote und selbst gemachte Müsliriegel. Nachdem wir nach einer ruhigen Zwischenkundgebung am Döbelner Asylsuchendenheim in der Friedrichstraße weitergelaufen waren, kam vom Lauti nach einem Stocken der Demo die Info, dass Polizist_innen Demonstrierende aus der Menge herausgezogen hatten. Nachdem sie diese wieder freigelassen hatten, konnte die Demo weiter gehen, bis sie in der Waldheimer Straße wieder stockte, dieses Mal, weil ein Neonazi, der anscheinend in der Menge auftauchte, einen Platzverweis bekam. Nach einer Weile ging es weiter und bis auf die Wanne mit Überbau, von wo aus Polizist_innen uns ohne Anlass filmten, welche nicht unter einer Brücke von 3,50m Höhe durchpassten und sich daher unter dem Gelächter der Menge ducken mussten, lief alles ohne weitere Zwischenfälle zum Startpunkt der Demo zurück.

Dort angekommen war man vorerst weitgehend auf sich allein gestellt, da es außer der Empfehlung, sich in Richtung Innenstadt zu bewegen, keine weiteren Handlungsszenarien gab. Man konnte sich zwischen einem “Shoppen gegen Rechts“, einem Lichterfest der Stadt, einer von SPD-MdL Henning Homann angemeldeten Kundgebung unmittelbar am Startpunkt der Naziroute oder einem Interkulturellen Herbstfest des Treibhaus e.V.s entscheiden. Nach einigem hin und her, das meist an Polizeiabsperrungen endete, gelangten wir schließlich in den Innenstadtbereich. Schon hier wurde deutlich, dass es der Polizei vor allem darum ging, den Weg für die Nazis frei zu halten. Dass Menschen zu angemeldeten Kundgebungen gelangen wollten, schien sie nicht weiter zu interessieren.

Gruppen von Gegendemonstrant_innen bewegten sich zu diesem Zeitpunkt meist recht chaotisch mal in die eine, mal in die andere Richtung. Schließlich im Innenstadtbereich angekommen stellten wir fest, dass wir auf der Kreuzung Ritterstraße / Rudolph-Breitscheid-Straße im Grunde mit 4 weiteren Menschen völlig allein auf der Naziroute standen. Nach dem obligatorischen Anruf beim Infotelefon spekulierten wir darüber, ob die Nazis vielleicht auf einer anderen Route entlanggeführt werden würden, da sich das Polizeiaufgebot bis zu diesem Zeitpunkt stark in Grenzen hielt. Am Horizont sahen wir einzelne Antifa-Gruppen umherschwirren, die sich erst nach einer halben Stunde zu uns trauten. Die Polizei hatte in der Zeit natürlich gemerkt, dass sich etwa 100 Menschen auf dieser Kreuzung sammelten und bildeten eine Kette um uns klarzumachen, dass wir keine Unterstützung von außen mehr bekämen, die sich allerdings an den Ketten langsam sammelte. Nach einer weiteren halben Stunde kamen im Verlauf von etwa 20 Minuten die obligatorischen 3 Durchsagen, die auch die letzten Zweifler_innen, was die Nazi-Route anging, vom Gegenteil überzeugt haben dürfte. In der Zeit verließen einige Menschen die Blockade, um hinter den Absperrungen eine neue aufzubauen.

Nachdem immer mehr Blockierer_innen den von der Polizei umstellten Bereich verlassen hatten, wurde der Blockadepunkt schließlich geräumt. Daraufhin entschloss man sich kurzer Hand kollektiv, die Kreuzung Kreuzung sein zu lassen und an einer anderen Stelle auf der Naziroute sein Glück zu suchen. Nach einem 300 m Sprint erreichte der Großteil den schnell entstandenen Blockadepunkt auf der Brücke Bahnhofstraße doch relativ zügig und es erfolgten nun unverzüglich innerhalb von 5 Minuten die obligatorischen 3 Polizeidurchsagen, bei der 2. Durchsage bereits die Androhung der “Räumung unter Schlagstockeinsatz”. Die anwesenden Polizeikräfte traten bereits vermummt und mit heruntergelassenem Visier an die Blockade heran. Die nächsten 5 Minuten sollten sich wie auf einem Teppich, der einer_einem mit aller Gewalt unter den Füßen weggezogen wird, anfühlen. Lernt man bei jedem Blockadetraining, dass man weggetragen wird, erfuhren es Menschen aus meiner Bezugsgruppe und vielen anderen Bezugsgruppen anders. Sie wurden beispielsweise in der üblichen Sitzposition hochgehoben und einfach 3 Sitzreihen weiter in die Menge geschmissen. Einige Menschen wurden mittels Muskelkraft einfach zu Boden gedrückt, uns gelang es aber im letzten Moment, einige Betroffene aus dieser Situation zu befreien. Danach entfernten wir uns vorerst ein paar Meter aus dem Gemenge, das aus Antifaschist_innen am Boden, wild gestikulierend, anderen Menschen helfend oder beim Abwehren der Knüppelschläge der Polizist_innen bestand, welche weiterhin knüppelten, prügelten und drängelten. Natürlich reichte es auch nicht, die Naziroute frei zu”räumen”, die Ordnungskräfte machten einfach noch 50 m weiter, worauf die beginnende Panik nur noch mehr eskalierte, da die Gassen von Döbeln nun nicht gerade für ihre Weitläufigkeit bekannt sind.

Nach diesem wirklich kritischen Punkt kamen wir schließlich an der weltberühmten Pferdestraßenbahn in Döbeln raus, welche gerade um die Ecke bog und bei diesem Massenauflauf natürlich stehen bleiben musste. Wir erfuhren dort auch gleich, dass einem Journalisten, der den Presseausweis zeigen wollte, mit einem Knüppel ins Gesicht geschlagen wurde, eine Demonstrantin durch einen Schlag auf dem Kopf bewusstlos auf dem Boden lag und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Wie Mensch im Nachhinein erfahren konnte, gab es weitere 3 Verletzte.

Mit diesen Bildern im Kopf ging es weiter zum Treibhaus. Nach einer Pause liefen dort tatsächlich etwa 300 Nazis auf der frisch geräumten Route hinter Hamburger Gittern vorbei. An dieser Stelle war es nur noch möglich, die Nazis lautstark zu bepöbeln, während sie vor der Döbelner Polizeistation in Selbstmitleid badeten.

Nach einem Spaziergang durch Döbeln ging es dann mit dem Bus nach Dresden zurück. Neben vielen neuen Bildern und Erfahrungen und der Enttäuschung über die misslungene Blockade bleibt vor allem ein fader Beigeschmack zurück: die Polizei hat mal wieder mit allen Schikanen bis hin zur rücksichtslosen Gewaltanwendung die Straße für Nazis frei geräumt. Sachsens Demokratie at it’s best. Die Koordination unter den Gegendemonstrant_innen ließ leider etwas zu wünschen übrig, so dass es zum Teil viel zu lange dauerte, bis die Menschen am richtigen Ort waren. Man muss den Menschen hinter Infotelefon und co. aber klar zugute halten, dass es sich bei dieser Demo eben nicht um ein regelmäßiges „Event“ der Naziszene wie in Dresden oder Leipzig handelt, wo man auf Seiten der Gegendemonstrant_innen mittlerweile auch sehr eingespielt ist. Und obwohl die Nazis ungestört unter massivem Polizeischutz gegen die Polizei demonstrieren konnten, werden auch sie diesen Tag kaum glaubhaft als Erfolg verkaufen können. Wer wochenlang bundesweit mobilisiert und dann mit 300 Hanseln aufschlägt, während die nur regional mobilisierende Antifa mit etwa ebenso vielen Menschen auf der Straße ist, der hat eindeutig ein Mobilisierungsproblem. Und das ist auch gut so.

weitere Berichte:

http://jule.linxxnet.de/index.php/2013/10/review-dobeln-am-5-10-antifaschistischer-protest-rabiate-polizei-fast-ungestorte-nazidemo/

http://nrdlnazifrei.blogsport.de/2013/10/05/polizei-kaempft-weg-fuer-nazis-frei/

 

Henriette Winkler,  Benjamin Bark